7 Erziehungsideale: Mein zweiter Brief an Fips

Liebster Fips,

der weltbeste Papa und ich haben ein Experiment mit dir vor: Du bist unser Versuchskaninchen und für Fehlerfreiheit können wir nicht garantieren. Allerdings verspreche ich dir, dass wir unser Bestes geben werden – und das Experiment heißt Erziehung.

Ich bin kein Fan von radikal-autoritärer Lassdas-Schreierei. Aber ich glaube, dass Kinder Grenzen brauchen, um sich später ihre eigenen Gebiete abzustecken. Ich denke nicht, dass Kinder aufgrund ihres Alters dumm sind, aber ich denke, dass es Entscheidungen gibt, die zunächst besser bei den Eltern aufgehoben sind – zum Beispiel werde ich bei Themen wie „Fips will trotz Schneeregen Sandalen tragen“ keine Debatten führen.

Aus heutiger Sicht würden meine eigenen Eltern vermutlich als streng gelten, denn bei uns hatten Handlungen Konsequenzen. Wenn meine Mutter „nein“ sagte, blieb es auch dann beim „nein“, wenn ich meinen Vater fragte – bzw. gefragt hätte, denn auf diese strategische Taktiererei kam ich gar nicht. Und wenn ich das „nein“ eigenmächtig zum „ja“ verdrehte, wurde deutlich gemacht, dass das elterliche Wort zu beachten war.

Als Konzept, als Was,  finde ich das bis heute gut. Denn Konsequenz erlaubt Gerechtigkeit, und was einmal versprochen wird – auch positiv! – das wird eingehalten. Man kann sich darauf verlassen. Das würde ich dir auch gern beibringen, Fips. Auch wenn ich das Wie dieser Umsetzung in einigen Dingen anders machen würde – anders deshalb, weil Konsequenz unterschiedliche Gesichter haben kann und ich für dich meine  (unsere) Variante leben möchte.

Der weltbeste Papa und ich machen uns viele Gedanken, wie das Experiment Erziehung für uns drei aussehen wird. Und weil zu einem Experiment laut der Anweisung meines alten Chemielehrers auch eine ordentliche Versuchsbeschreibung inklusive Verlauf gehört, habe ich Folgendes geplant: Ich werde jedes Jahr sieben Erziehungsideale aufschreiben und nach einem Jahr schauen, was daraus geworden ist. Denn ich habe gehört, dass Kinder etwas unvorhersehbarer reagieren als Chemikalien.

Unsere 7 Erziehungsideale für das erste Lebensjahr:

  1. Wir möchten die Erziehungslast nicht an andere abgeben, sondern uns selbst jederzeit in der Verantwortung sehen.
  2. Wir möchten dir Liebe geben, die mit Geschenken nichts zu tun hat – sondern mit Zeit und Geduld.
  3. Wir möchten unser Leben in allem mit dir teilen, ohne dich in den Mittelpunkt zu stellen.
  4. Wir möchten, dass dein Alltag durch Rituale für dich Form annehmen kann.
  5. Wir möchten, dass du von klein auf die Gemütlichkeit gemeinsamer Mahlzeiten am Familientisch kennen- und schätzenlernen kannst.
  6. Wir möchten, dass du (mindestens) das erste Lebensjahr ohne Süßigkeiten und industriell hergestellten Zucker ernährt wirst.
  7. Wir möchten nicht vergessen, dass wir nicht nur als Eltern, sondern auch als Paar wichtig sind.

Was daraus wird? Ich bin sehr gespannt. An deinem ersten Geburtstag wissen wir mehr, mein Fips. Vielleicht ist dann alles über den Haufen geworfen? Oder haben wir etwas viel Besseres entdeckt? Wer weiß. Jedenfalls freue ich mich darauf, dieses Experiment mit dir zu erleben.

Ich habe dich jetzt schon lieb.
Deine Mama

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