Gerade habe ich entdeckt, dass in meiner Mini-Bio unter jedem Beitrag immer noch „Mitte 30“ steht. Jo. Also. Das bin ich schon lange nicht mehr und sehr bald muss ich sogar eine neue Reihe auf dem Abakus dazunehmen.
Dass da immer noch Mitte 30 steht, ist auch nicht unbedingt ein Eitelkeitsding. Eher liegt es daran, dass ich die letzten fucking drei oder vier Jahre nicht viel mehr geschafft habe als… ja, Moment mal! Eigentlich habe ich eine ganze Menge geschafft! Zumindest in einer Welt, in der „Kind kriegen, Kind versorgen, Kind lieben“ als Leistung betrachtet wird. Plus Hausbau, Garten, Mental Recovery, Ehe-Balance und so Kleinkram.
Jaaa… Bücher geschrieben habe ich nicht! Karriere gemacht habe ich nicht! Und hab immer noch keinen Marathon gelaufen oder politisches Engagement gezeigt. Ich habe also nichts gemacht, was man irgendwie ehrenvoll „vorzeigen“ kann. Was ich getrieben habe, kann man nicht zeigen.
Die ersten Falten und weiße Haare kann man dagegen immerhin sehen. Aber sollte man ja lieber nicht! Und auch dieser Körper, der jetzt langsam unweigerlich älter wird.
„Mama, deine Arme sind so weich! Deine Brust ist weich und dein Bauch ist auch weich“, sagt Fips oft. Ich muss mich innerlich bremsen, nicht meine hart erarbeiteten Bauchmuskeln ins Feld zu führen, und auch nicht mein kaputtes Insta-Filter-Selbstbild, das brüllt: „Siehste!! Abnehmen!! Trainieren!! Los!! Stahlhart oder gar nicht!“
Stattdessen versuche ich mich daran zu erinneren, dass in Fips‘ Welt, „weich“ ein wunderbares Kompliment ist. Die Lieblingsplüschtiere sind weich. Die selbstgebaute Höhle wird weich gepolstert. Und bei Mama schläft und schmust es sich am besten, weil sie so schön weich ist und nicht bloß ein flachtrainiertes Brett.
So sage ich das dann auch: „Gut, oder? Ich bin so, damit du es bei mir immer gemütlich hast.“ Fips strahlt dann.
Und ich? Bin ambivalent.
Mit manchen Zeichen der Zeit kann ich umgehen. Die anrollende Altersweisheit zum Beispiel finde ich gar nicht so übel. Ich kann manche Zustände und Gefühle besser annehmen als früher (und durch diese Akzeptanz kurioserweise oft leichter verändern als früher, als ich noch mit Zähnen und Krallen dagegen kämpfte). Ich kann zu meiner eigenen Überraschung manchmal die Perspektive wechseln und dadurch manche Situationen vom Kopf auf die Füße stellen. Ich lerne, weniger zu rechtfertigen und mich besser zu beschützen, ohne Mauern zu bauen.
Weniger gut komme ich mit dem klar, worauf ich so gar keinen Einfluss habe. Zum Beispiel mit der Tatsache, dass mein Po und meine Hüften diesen Winter ganz plötzlich beschlossen, dass es an der Zeit wäre, die Welt zu erobern. No joke. Ich hatte mich damit arrangiert, dass ich nie wieder Low Waist tragen werden – seit der Geburt wollen meine Organe einfach nicht mehr kooperieren. Ist eben so. Und High Waist ist toll!! Ich wusste gar nicht, wie verdammt toll High Waist ist!! Von wegen langer Tantenarsch… nichts da. In meiner Skinny Jeans habe ich einen prima Po (Skinny ist übrigens auch so eine Altersweisheit). Aber die Low Waist passten noch. Bis plötzlich der Urknall kam.
Bäm. Ich hab NIX gemacht. Bis auf Yoga und Shit, aber ich habe wirklich NICHTS gemacht, was rechtfertigt, dass ich meine Low Waist nicht mal mehr bis zur Schmerzgrenze hochkriege.
Auch die Zahl auf der Waage ist so ein Mindfuck. Da steht nicht das, was mein Gehirn da haben will. Da wurde auch eine neue Reihe auf dem Abakus eröffnet und das Beste, was ich tun kann, ist noch ein wenig Perlenschieben.
Ich würde mein Gehirn gern loslassen. Und einen Scheiß auf die Zahl geben. Sondern nur auf mein Körpergefühl hören. Aber so weit reicht die Altersweisheit noch nicht. Mein Körpergefühl gibt höchstens Auskunft darüber, dass meine verfluchten Ohren noch weiter nachlassen, der rechte große Zeh nicht mehr so flexibel ist wie der Linke und dass meine Nägel sich spalten, wenn ich nicht aufpasse.
Und auch wenn ich Probleme habe, auf dem Handy Netflix-Dialoge zu verstehen, höre ich eins doch ziemlich deutlich. Nämlich so eine fiese Stimme, die flüstert: So, Fräuleinchen. Das war’s jetzt. Ab jetzt nenn ich dich ‚Gnädige Frau‘ und duuu bist raus aus dem Leben. Alles, was jetzt noch passiert, sind Fips-Ereignisse, bei den du Statistin sein darfst! Hähähähäh!! Ätsch!
Herr im Himmel! Ich zitiere Fips: „So war das nicht geplant!“ Geht das jetzt so weiter?
Beziehungsweise… geht eben jetzt langsam nichts mehr weiter?
In einem hellen Moment habe ich neulich einen Text dazu geschrieben, den ich euch gern zeigen würde. Denn offenbar gibt’s DOCH manchmal noch was zum herzeigen. Es ist noch nicht vorbei. Es ist nur… anders.
Oder?
Hier kommt ihr jedenfalls zu meinem kleinen Text: Das Leben ist ein Berg.
Ach so, und ein kleines Gedicht habe ich auch gemacht: Stell es dir vor wie Besuch, sagt Duroy.
Ein Gedicht?! Öhm. Vielleicht werde ich also doch nicht 40, sondern 14. Oder… vielleicht kommt da doch noch was. Denn beim Schreiben werde ich immer wieder lebendig. Danke, dass ihr hier seid. Und lest ❤
Wie wir Frauen doch fast ausnahmslos der Diktatur des männlichen Blicks (und der weiblichen Konkurrenz und der Modeindustrie) ausgeliefert sind. Immer wieder erschreckend. Es ist letztlich die Natur, die weibliche Körper formt und umformt. Ich wünschte unser Schönheitsideal würde sich dieser Natürlichkeit anpassen.
Ich wünsche dir bedingungslose Selbsrakzeptanz, und dass du dich immer genau so schön findest, wie du gerade bist. Also so, wie es auch all die Menschen tun, die dich bedingungslos lieben.
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