… und der Mama kommen die Tränen! Als es vor gut 11 Monaten zur Tagesmama ging, war ich nicht so rührselig: Da habe ich mich ganz egoistisch auf mehr Zeit für mich gefreut. Und war mir gleichzeitig sicher, dass es für Fips das Schönste sein würde, endlich den ganzen Tag mit anderen Kindern verbringen zu dürfen.
11 Monate mit der Zweitmama
Außerdem hatten wir die Beste aller Tagesmütter gefunden – per Zufall, aber ich spürte von Anfang an, dass es mit D. einfach passt. 11 Monate später weiß ich, dass mein Gefühl richtig war: Aus meinem Baby-Fips ist ein neugieriges, waches, besonnenes, offenes Kind geworden.
Viel liegt sicher im Charakter, aber ich glaube, dass guter Umgang das Beste in einem Menschen hervorbringt. Und so durfte mein Kind in den letzten Monaten in einem geborgenen und liebevollen Rahmen wachsen. Das erste soziale Miteinander üben, die ersten Regeln kennenlernen (ja, so eine bin ich). Kuscheln. Singen. Tanzen. Toben. Spielen.
Und seitdem Fips nun zu sprechen beginnt, finde ich nicht nur meinen Wortschatz gespiegelt, sondern auch D.s Einfluss. „Sieht auch super aus“, „Kartoffelbrei… mit Brokkoli!“, „schicke Hose“ und „Sssport machen“ – mein Kind benutzt fast durchgängig freundliches, lebensbejahendes Vokabular. Liegt sicher auch an uns, aber nicht nur.
Kurz: D. war wirklich eine zweite Mama. Nie hatte ich ein schlechtes Gefühl, wenn ich Fips morgens dort verabschiedete. Die Anzahl der tränenreichen Trennungen kann ich an einer Hand abzählen, brauche nicht einmal alle Finger dafür, und stets kam kaum fünf Minuten später ein Foto von einem entspannt spielenden Fips mit einer kurzen Entwarnung: „Schon wieder alles gut.“
Ein Jahr früher als geplant
Jetzt sind die Tage gezählt. Drei Wochen sind es plötzlich nur noch. Dabei wollte ich eigentlich, dass Fips bis zum dritten Geburtstag bei D. bleibt. Möglichst lange geborgen sein, das hatte ich mir gewünscht. Doch nun wird Fips mit grad mal 22 Monaten bald den ersten Tag in der Kita sein und ich kämpfe mit meiner Mamaseele.
„Fips ist doch noch so klein!“, brüllt es jedes Mal, wenn wir die Kita nun schon eingewöhnungsweise besuchen und das eigentlich recht großgewachsene Mäuslein zwischen den großen Kindern verschwindet. Ganz zart kommt mir sein Verhalten oft vor, ganz sanft, während die Größeren manchmal doch ruppig oder doch zumindest viel zielstrebiger ihr Revier veteidigen.
(Notiz an mich: Vergiss nicht, wie nachdrücklich Fips „Das ist meiiiiiiiiiiiin Auto/Fahrrad/Pferd etc.“ brüllen kann, und wie resolut andere Kinder vom gerade angesagten Spielzeug weggeschoben werden.)
Aber dieses sanfte Verhalten ist, um das meine Mamaseele am meisten fürchtet. Denn wenn ich ehrlich sein darf: Größere Kinder gehen mir oft ganz schön auf die Nerven.
Gerade heute kamen zur Abholzeit zwei schulreife ältere Geschwister in die Kita getrampelt, nahmen keinerlei Notiz von den Anwesenden im Raum, sondern rempelten sich zur Fotowand durch, um dort hysterisch kieksend Bilder anzuschauen, und hinterher zwangsneurotisch aufs Gummistiefelregal einzudreschen. Bah, hilfe!! Ich will nicht, dass mein Fips so ein Trampel wird. Ich möchte, dass mein Kind so bleibt wie es ist.
Mein Kind wird (nicht) bleiben, wie es ist
Jetzt stolpere ich beim Schreiben selbst über meine Worte. Mein Kind soll bleiben, wie es ist?? Ewig 21 Monate alt, ewig auf der Schwelle zum Trotzalter, ewig in 4-bis-5-Wort-Sätzen radebrechend, ewig unselbstständig? Wohl eher nicht. Und die Kita ist da der logische nächste Schritt für uns. Selbst wenn Fips bei der Tagesmama bliebe, würde nichts bleiben, wie es ist.
Ja, der gewohnte Rahmen würde bleiben. Und so lieb die Erzieher in der Kita auch sind – so liebevoll wie meine D. mit maximal fünf Kindern können sie bei knapp 30 Flitzern eben nicht sein. Hier wird Fips selbstständiger und unabhängiger werden – werden müssen.
Vielleicht ist das das große Ding, wovor mir gruselt. Mir ist als würde mein Kind umziehen: Von einer warmen Höhle voller Kuschelkissen in einen riesigen Saal, ins volle Tageslicht. Dass die Schule der nächste Step sein wird, daran darf ich noch gar nicht denken.
(Notiz an mich: Muss ich auch nicht. Ist schließlich noch vier bis fünf Jahre hin. Min-des-tens.)
Raus aus der Höhle
Dabei bin ich so unglaublich froh, dass wir in unserer Wunsch-Kita tatsächlich einen Platz bekommen haben. Während meine Kollegen in Berlin bereits mit dem positiven Schwangerschaftstest in der Hand auf die ersten 30 Wartelisten setzen lassen müssen, hatten wir hier draußen ganz ohne Gerangel bereits einen Platz zugeteilt bekommen. Naturbezogenes Konzept, Verwantwortungsbewusstsein lernen, kleine Gruppe… klang alles ganz gut. Doch im Frühling beschloss ich, es noch bei einer anderen Kita zu probiere – noch naturbezogener, noch kleiner, noch ein wenig engagierter.
Für nächstes Jahr wollte ich Fips dort auf die Warteliste setzen lassen, aber wegen nachrückender Geschwisterkinder sah es eigentlich schlecht aus. Wieder war es der Zufall, der uns half, und vielleicht sollte ich dem einfach vertrauen. Schon beim letzten Mal hat das Schicksal es ziemlich gut mit uns gemeint.
Fips ist gern in der neuen Umgebung. Während wir vorher unregelmäßig dort waren, gehen wir seit 14 Tagen nun an zwei Nachmittagen pro Woche zum Spielen dorthin. Nachdem ich anfangs überall mitgehen musste, entfernt sich Fips nun immer weiter von mir, um das Draußen & Drinnen zu erkunden. Hat dort Bobbycarfahren gelernt. Geht dort mit Vorliebe aufs Kinderklo pullern, um sich nachher am Mini-Waschbecken die Hände zu waschen. Möchte aus dem Becher trinken wie die anderen. Und fand heute vom Hintereingang aus allein zur Vordertür, während ich außen herumging.
Fliege, mein Kind, flieg so hoch du kannst
Die Kontaktaufnahme zu den anderen Kindern ist bisher eher spärlich, noch ist vor allem das Spielzeug interessant. Aber das wird kommen. Und dann haben die Älteren Fips mehr zu bieten als die frischgebackenen Kleinkinder, die nun bald brabbelnd und krabbelnd die Gruppe bei der Tagesmutter prägen werden.
Fips kann laufen, klettern, springen. Fips kann sprechen und fast singen. Es muss vorangehen und nicht zurück. Dass ich mich manchmal nach den Babytagen sehne, ist meine Herzenssache.
Fips wächst jeden Tag. Meistens sehe ich es gar nicht – doch der Wechsel in den Kindergarten macht es sichtbar. Nicht nur die Tage, sondern jede Stunde, jede Minute ist gezählt und kommt nicht wieder. Das Leben mit Fips ist nur einmal so wie jetzt. Ich sollte genießen. Und freilassen, um es uns beiden leicht zu machen.
Denn so soll Fips doch vor allem sein können: leicht. Also flieg, mein Kind, und flieg so hoch du kannst. Ich werd hier unten auf dich warten ❤